Ringelröteln
sind eine meist harmlos verlaufende Erkrankung im
Kindesalter. Manchmal sind sie gar nicht so einfach zu erkennen. Wir
Kinderärzte tun uns da leichter, weil immer wieder kleine Epidemien im
Kindergarten oder auch in der Schule auftreten. Unsere Kollegen aus der
Erwachsenenmedizin tun sich da manchmal recht schwer.
Das erste sofort ins Auge
fallende Symptom sind die roten Backen, die fast schmetterlingsförmig aussehen.
Hier wird nicht selten die Fehldiagnose einer Sonnenallergie o.ä. gestellt.
Wenn man die Kinder dann genauer untersucht , fallen dann doch die roten
"Exanthem" (=Ausschlag) -Stellen auf, die insbesondere an den
Streckseiten der Arme und der Oberschenkel sich finden. Hier zeigt sich der
Ausschlag ring- und netzartig verändert, ist wenig erhaben, eher flächig
angeordnet. Dieser Ausschlag kann sich nicht selten auf den ganzen Rumpf
ausbreiten , auf die Beugeseiten der Gliedmaßen, so dass an der Diagnose
Virusexanthem dann kein Zweifel mehr besteht. In der Regel sind die Kinder ganz
gesund, haben allenfalls leichte Befindlichkeitsstörungen wie Müdigkeit,
Appetitlosigkeit , Lichtscheu und manchmal Juckreiz. Der Ausschlag hält etwa 8
Tage an, kann in seltenen Fällen auch ein zweites Mal erscheinen. Nur ganz
selten gibt es insbesondere bei Mädchen Gelenkbeschwerden, die zur
Unbeweglichkeit und dann zur stationären Krankenhausaufnahme zwingen. Dies gilt
besonders - wie immer - natürlich auch für die Erwachsenen. Hier ist die
Diagnosefindung besonders erschwert, wenn keine unmittelbare
Ringelrötelninfektion in der Umgebung oder in der Familie bekannt ist.
Die Ringelröteln (= erythema infectiosum acutum) werden durch ein
kleines Virus (Parvovirus B 19) hervorgerufen, welches nach einer
Inkubationszeit von etwa 2-3 Wochen oben beschriebenes Krankheitsbild
verursacht. Die Übertragung erfolgt durch Tröpfcheninfektion, die Erkrankung
hinterlässt eine langdauernde, wahrscheinlich sogar lebenslängliche
Immunität. Der Durchseuchungsgrad ist relativ gering, bei etwa 50-60 % der
Erwachsenen sind Antikörper nachweisbar. Frauen neigen besonders zu bleibenden
Gelenkveränderungen. Die Infektiosität ist wie bei allen Viruserkrankungen
ganz zu Beginn der Erkrankung hoch, am höchsten sogar vor Beginn der ersten
Symptome. Wenn die Diagnose Ringelröteln gestellt ist und das Vollbild zu sehen
ist, besteht allenfalls eine nur noch sehr geringe Infektiosität. Hier gibt es
immer wieder Unstimmigkeiten, wann das Kind wieder den Kindergarten bzw die
Schule besuchen darf.
Unangenehm kann diese eigentlich harmlose Erkrankung bei
Menschen sein, die unter einer Bluterkrankung leiden. Es sind vor allem
hämolytische Krisen (=Zerstörung von roten Blutkörperchen) zu befürchten.
Auch in der Frühschwangerschaft kann es zu unangenehmen Komplikationen kommen:
Das Auftreten eines fetalen Hydrops (Wassereinlagerung durch erhöhten
Blutzerfall) ist zu befürchten. Auch zu einem Abort (= Fruchtabgang) kann es
kommen. Therapeutisch ist bei Auftreten eines hydrops fetalis eine fetale
Bluttransfusion lebensrettend. Eine Ansteckung von Schwangeren erfolgt in der
Regel dann nicht mehr, wenn bei einer erkrankten Person bereits der Ausschlag
aufgetreten ist, denn nur während der Inkubationszeit sind die Infizierten auch
ansteckend.
(zit. aus der Zeitschrift "pais", April 1989)
aus derselben Zeitschrift wird von amerikanischen Autoren die mögliche
Schädigung des Embryos bei möglicher Infektion der Schwangeren diskutiert und
Richtlinien harausgegeben:
Infektion von Schwangeren:
Die Infektion einer Schwangeren mit dem B 19Virus kann (mit und ohne
Ausschlag) die Frucht schädigen. Hydrops (Wassereinlagerung) und Tod können
die Folge sein. Anscheinend verursacht das Virus eine fetale Anämie (
=Blutarmut), die zu einem Herzfehler und zum Tod führen kann. Infektionen von
Schwangeren sind besonders gefährlich in der ersten Hälfte der Gravidität:
Der fetale Tod und ein Spontanabort laufen dann zumeist innerhalb von 4-6 Wochen
nach der Infektion ab. Ein Fall wurde beschrieben, bei dem eine Infektion im 3.
Trimester zur Geburt eines anämischen Neugeborenen führte. Bisher ist noch
kein spezielles Missbildungssyndrom nach einer Parvovirus- Infektion beschrieben
worden. Es scheint somit so zu sein, dass eine Infektion während der
Frühschwangerschaft zum Tod des Embryos führen kann, dass aber später danach
teratogene (= missbildende) Wirkungen fehlen oder zumindest selten sind.
Risiken für den Feten
Die für das Gesundheitswesen entscheidende Frage dürfte also lauten: Wie
oft kommt es nach der Exposition einer Schwangeren gegenüber B 19 zum Verlust
des Kindes? Unter Wertung einer Reihe von bisher schon vorliegenden
Untersuchungen kommen die Autoren zu folgender Berechnung: Für den Fetus einer
Frau mit unbekanntem serologischen Status, die in der Familie während der
ersten 20 Wochen der Schwangerschaft exponiert ist, dürfte das Risiko bei 1-2%
liegen. Das Risiko hinsichtlich Tod des Fetus einer Frau, die gelegentlich
exponiert wurde, also wesentlich weniger gefährdet war, dürfte gewöhnlich
sehr viel geringer sein als 1%. Was das Risiko nach 20 Wochen der
Schwangerschaft anbetrifft, so sind bisher noch keine greifbaren Daten
vorhanden, die eine einigermaßen seriöse Aussage erlaubten.
Empfehlungen
Die Empfehlungen, die von der Kommission gegeben werden (und en detail in der
Publikation näher ausgeführt werden) betreffen folgende Punkte:
- Kinder mit einem erythema infectiosum. bedürfen in der Klinik keiner Isolierung. Sie
dürfen auch Schule und Kindereinrichtungen besuchen, da sie sehr wahrscheinlich
nicht mehr infektiös sind, wenn der Ausschlag erschienen ist.
- Hospitalisierte (im Krankenhaus liegende) Kinder mit einer aplastischen Krise oder Patienten mit
einer chronischen aplastischen Anämie unter Immunsuppression (z.B.
Zytostatikabehandlung) bedürfen der
strengen Isolierung mit allen daraus folgenden Maßnahmen der Isolierpflege.
- Schwangere, die angeben, dass sie in Kontakt mit Kindern waren - solchen
in der Inkubationsphase eines erythema infectiosum oder solchen mit einer aplastischen Krise -
sollten beruhigt werden; denn das Risiko für sie dürfte sehr klein sein.
Besteht die Möglichkeit zu serologischen Untersuchungen, so sollten ihnen diese
angeboten werden.
- Da das Virus außerordentlich weit verbreitet ist und demzufolge das
Risiko einer Exposition überall besteht, sollten Schwangere keineswegs
routinemäßig von ihrem Arbeitsplatz ferngehalten werden, wenn dort
Ringelröteln auftreten oder aufgetreten sind Dass Schwangere in der Klinik nicht zur Pflege
von Patienten mit aplastischer (= fehlende Blutzellerneuerung im Knochenmark) Krise eingesetzt werden dürfen, ist
selbstverständlich. In den letzten beiden Empfehlungen wird auf die immer
notwendige Klinikhygiene und auf die besondere Rolle des Pädiaters als
Konsultant hingewiesen.
American Academy of Pediatrics, Commitee on Infectious Diseases: Parvovirus, erythema infectiosum, and Pregnancy. Pediatrics 85 (1990),131-133
siehe auch epidemiologisches Bulletin des Robert-Koch- Institutes
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